Auskunftsanfragen durch Ermittlungsbehörden

In diesem Beitrag gehen wir auf Auskunftsanfragen ein, die von Ermittlungsbehörden an Unternehmen gestellt werden. Es kommt gelegentlich vor, dass Unternehmen gebeten werden, an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft personenbezogene Daten oder Unterlagen herauszugeben, die Informationen zu Mitarbeiter : innen oder
Kund : innen / Klient : innen enthalten. Denkbar ist dies beispielsweise im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen ein konkretes Unternehmen, einzelne Mitarbeitende oder andere Dritte, bei denen die Angefragten als Zeugen in Anspruch genommen werden.

Gründe für Auskunftsanfragen durch Ermittlungsbehörden kann es viele geben. Vielleicht müssen Mitarbeitende bezüglich eines Todesfalls befragt werden, vielleicht steht ein Verdacht auf Misshandlung eines Klienten eines Pflegeheims im Raum, vielleicht ist ein Lieferant in ein Betrugsdelikt verwickelt.

Bei diesen Auskunftsanfragen durch Ermittlungsbehörden stellt sich jeweils die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen derartige Informationen (personenbezogene Daten) übermittelt werden dürfen und wer bei der angefragten Stelle dies tun sollte. Dieser Beitrag soll bei der Einschätzung der Sachverhalte helfen.

Wann gegenüber Ermittlungsbehörden Auskunft erteilt?

Für die Datenübermittlung an Staatsanwaltschaft und Polizei lässt folgender Grundsatz aufstellen.

Die Übermittlung von personenbezogenen Daten ist datenschutzrechtlich zulässig, wenn sie:

  • zur Abwehr von Gefahren für die staatliche oder öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist und daher auf die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 c) DSGVO gestützt werden kann und
  • wenn im Einzelfall sichergestellt ist, dass die Interessen der Allgemeinheit die Interessen des Betroffenen an der informationellen Selbstbestimmung überwiegen.

Erfüllt eine Datenweitergabe diese Voraussetzungen nicht, ist sie unzulässig. Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht zwar ein Recht auf Übermittlung, aber keine Verpflichtung zur Übermittlung. Etwas anderes gilt beispielsweise bei Vorliegen eines Durchsuchungsbeschlusses.

Wer erteilt gegenüber der Ermittlungsbehörde Auskunft?

Sollte eine legitime Auskunftsanfrage durch Ermittlungsbehörden gestellt werden, so sollte es im Unternehmen für die Beantwortung dieser, klare Verfahren und Zuständigkeiten geben. Eine mögliche Vorgehensweise zeigen wir hier auf.

Das Unternehmen ist vom Ermittlungsgegenstand unmittelbar betroffen und hat ein eigenes Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts z. B. weil Mitarbeitende beschuldigt werden oder eine Straftat im eigenen Unternehmen Sachverhalt der Ermittlung ist. Jede eingehende Auskunftsanfrage durch Ermittlungsbehörden ist zu bewerten. Bei Unternehmen mit mehreren Standorten / Außenstellen, kann diese Bewertung direkt durch die Betriebsleitung / Einrichtungsleitung stattfinden, der Vorgang aber von der Unternehmensleitung wie Geschäftsführung / Vorstand unter Hinzuziehung von juristischem Rat beantwortet werden.

Wenn das Unternehmen vom Ermittlungsgegenstand nicht unmittelbar betroffen ist, und kein eigenes Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts hat, können Auskunftsanfragen durch Ermittlungsbehörden auch an Betriebsleitungen oder Einrichtungsleitungen delegiert werden. Dies kann der Fall sein, wenn z.B. ein sich Verfahren gegen einen Dritten richtet und das Unternehmen selbst nur als Zeuge vernommen wird. Die Information gegenüber der Unternehmensleitung sollte in jedem Falle erfolgen.

à Diese Delegation muss im Unternehmen klar geregelt sein.

Ermittlungsbehörde fragt an: was tun?

Wird also ein Unternehmen von einer Ermittlungsbehörde zur Preisgabe von personenbezogenen Daten eines Betroffenen (Klient : in, Bewohner : in, Mitarbeiter : in, Lieferant : in) aufgefordert, stellt dies – wie gezeigt – keinen Freibrief für die Übermittlungen dar. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob das Unternehmen Weitergabe befugt ist.

Welche Anforderungen sind an die Anfrage zu stellen?

Bei jeder Auskunftsanfragen durch Ermittlungsbehörden sollten folgende Punkte geprüft werden, um eine informierte und nachweisbare Entscheidung zum Sachverhalt treffen zu können:

  • Prüfung der Echtheit des Anfragenden durch Identitätsprüfung der ermittelnden Behörde und des Polizeibeamten sowie der Vorlage des Aktenzeichens. Vor telefonischen Auskünften sollte daher bis zur klaren Identifizierung unbedingt abgesehen werden.
  • Was ist der Tatvorwurf?
  • Welchen Zweck verfolgt die Behörde mit dem Auskunftsersuchen?
  • Mit welcher Rechtsgrundlage argumentiert die Polizei und legitimiert diese die Weitergabe?
  • Liegt ein schriftlicher Ermittlungsauftrag der Staatsanwaltschaft vor?

Bei mündlichen Anfragen ist zu Dokumentationszwecken vor der Bearbeitung stets auf eine schriftliche Ausführung zu bestehen. Die Anfrage und deren Bearbeitung ist zu dokumentieren.

Staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren / Strafverfolgung (durch Staatsanwaltschaft oder Polizei)

Die Polizei ermittelt im Auftrag der Staatsanwaltschaft und legt einen entsprechenden Beschluss der Staatsanwaltschaft vor. Dieser richtet sich konkret gegen einen bestimmten Mitarbeiter. Die Rechtsgrundlage der Datenweitergabe an die Polizeibeamten in der rechtlichen Verpflichtung aus Art. 6 Abs. 1 c) DSGVO i.V.m. §§ 161 a Abs. 1, 163 Abs. 3 Strafprozessordnung (StPO).

à Ergebnis: die Auskunft kann erteilt werden.

Polizeiliche Vorermittlungen

Die Polizei ermittelt in z. B. einem Handtaschendiebstahl und braucht hier die Mithilfe eines Mitarbeiters, da dieser als Zeuge in Frage kommt. Hier handelt es sich um Verdachtsfälle oder Zeugenbefragungen. Die Berechtigung zur Datenweitergabe könnte sich hier dann aus § 24 Abs. 1 BDSG ergeben, welcher die Datenweitergabe erlaubt, wenn dies für die Ermittlung von Straftaten erforderlich ist.  Hierfür muss Unternehmen XXX insbesondere die Betroffeneninteressen mit seinen eigenen Interessen an der Anordnungsbefolgung und der Wahrung der öffentlichen Sicherheit abwägen. Regelmäßig wird das Interesse der Strafverfolgungsbehörden überwiegen, sofern es sich um Straftaten handelt, die Gefahr für Leib und Leben bedeuten, die Abwehr von schwerwiegenden Straftaten, wie Missbrauch und andere.

à Auskunft muss dokumentiert abgewogen werden. Einzelfallentscheidung!

Bußgeldverfahren

Für die Bearbeitung von Bußgeldverfahren, z. B. bei der Aufforderung der zuständigen Verkehrsbehörde zur Herausgabe von Fahrerinformationen, sollte eine Betriebsvereinbarung bzw. betriebliche Regelungen klare Handlungsanleitungen geben. Nur dann ist die Herausgabe zulässig.

à Ergebnis: Sofern Betriebsvereinbarung vorhanden, kann die Auskunft erteilt werden.

Achten Sie bei einer Übermittlung von Daten darauf, dass nur angefragten Daten übermittelt werden! Die Übermittlung sollte – je nach Sensibilität der Daten – entweder elektronisch verschlüsselt oder schriftlich gesichert (Einschreiben, Kurier) erfolgen.

Müssen Betroffene informiert werden?

Grundsätzlich ist es aus datenschutzrechtlichen Gründen erforderlich, dem Betroffenen (also der oder den Personen, dessen/deren Daten übermittelt werden) hierüber in Kenntnis zu setzen.

Die Pflicht zur nachträglichen Unterrichtung entfällt allerdings, wenn die Ermittlungsbehörde unter der Angabe einer entsprechenden Rechtsgrundlage diese Information untersagt, etwa weil hierdurch eine Gefährdung der Ermittlungsmaßnahmen droht.

Lesen Sie mehr dazu in unserer Beitragsreihe zum Thema „Auskunft“:
Volkszählung Zensus2022

Datenübermittlung bei Kindeswohlgefährdung

Wenden Sie sich für Fragen und bei Unterstützungsbedarf bitte an uns.

Beitragsstand Juni 2022

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