Datenschutz bei der Volkszählung

Volkszählung

Seit 15.05.2022 findet die Zählung und Befragung der Bevölkerung statt. Die Teilnahme an der Volkszählung ist für einige Bürger : innen verpflichtend. Diese werden stichprobenartig ausgewählt und haben in den letzten Wochen Post erhalten. Das heißt nicht alle werden befragt. Doch die Befragte werden aufgefordert Daten preiszugeben, insbesondere personenbezogenen Daten. Und hier kommt der Datenschutz ins Spiel. Welche Pflichten die Befragten treffen, wie Auskunftspflicht hinsichtlich Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften regelt ist und welche Kritik am Zensus2022 geübt wird, haben wir in unserem Artikel zusammengefasst.

Was ist die Volkszählung oder der Zensus2022?

Der Zensus heißt schlicht gesagt, dass die Bevölkerung gezählt wird. Im Rahmen einer Haushaltsbefragung werden bundesweit nicht alle, sondern mittels Stichprobe circa 10-12 Prozent der Bevölkerung direkt befragt. Dabei nehmen Beauftragte des Statistischen Landesamts persönlich Kontakt zu den auskunftspflichtigen Personen auf. So sollen neue Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie die Bürger : innen leben, wohnen und arbeiten. Gleichzeitig werden auch Daten zu Alter, Geschlecht, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Ausbildung und Berufstätigkeit erhoben, sowie Daten zur Wohn- und Wohnraumsituation. Außerdem werden bei der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) Eigentümer : innen sowie Verfügungs- und Nutzungsberechtigte einbezogen. Die befragten Eigentümer : innen oder Vermieter : innen müssen dabei auch Name und Vorname der Mieter : innen angeben. Dabei sollten daran gedacht werden, dass die Eigentümer : innen und Vermieter : innen die Mieter : innen gemäß Art. 13 DSGVO darüber informieren, dass sie aufgrund der Befragung diese Daten an die Ämter weitergegeben haben.

Volkszählung- Wozu das Ganze?

Anhand der mit der Volkszählung erhobenen Daten soll festgestellt werden, ob es genügend Wohnungen gibt oder ob es mehr Schulen, Studienplätze oder Altenheime benötigt. Die Ergebnisse der Erhebungen sollen zeigen, wo der Staat investieren sollte. Idealerweise werden sodann Entscheidungen von Bund, Ländern und Gemeinden darauf gestützt. Auch die Berechnung für EU-Fördermittel und der Länderfinanzausgleich, sowie die Neuorganisation der Wahlkreise beruhen auf den Daten aus dem Zensus – der Volkszählung.

Geburtsstunde des Datenschutzes

Die letzte große Volkszählung in Deutschland fand im Jahr 2011 statt und sorgte, wie auch im Jahr 2022 für wenig Aufsehen. Ganz anders war das im Jahre 1983. Die Skepsis in der Bevölkerung war groß und es gab massive Proteste. Zu detailliert und umfangreich waren die Fragebögen.  Die Bürger : innen sahen die Gefahr , dass Daten anderen Behörden unrechtmäßig weitergeleitet würden, sowie dem drohenden Datenabgleich im Melderegister. Dem Volksaufstand entsprang jedoch ein wegweisendes Urteil. Im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde stellte das Bundesverfassungsgericht erstmals fest: Die Bürgerinnen und Bürger haben ein „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“. Das Grundrecht auf Datenschutz wurde geschaffen.

Das Bundesverfassungsgericht 1983 zur Volkszählung:

Eine Rechts- und Gesellschaftsordnung in der Bürger : innen nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß, sei nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. „Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.“ Das Grundsatzurteil vom 15. Dezember 1983 gilt bis heute als die eigentliche Geburtsstunde des Datenschutzes.

Rechtsgrundlage für die Volkszählung

Die Erhebung der personenbezogenen Daten im Rahmen der Volkszählung stellt einen Eingriff in das Grundrecht dar. Für die Rechtmäßigkeit der Volkszählung ist daher eine Rechtsgrundlage erforderlich. Die Rechtsgrundlage ist das vom Gesetzgeber verabschiedete Zensusgesetz 2022, wonach eine bußgeldbewährte Auskunftspflicht besteht. Zugleich muss der Staat jedoch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen treffen zum Schutz der personenbezogenen Daten. So findet unter anderem die Datenerhebung in Form von Stichproben statt. Zudem müssen die Einzelangaben der befragten Personen streng geheim gehalten werden und dürfen nicht an Verwaltungsbehörden oder Private herausgegeben werden. Die Daten aus den Befragungen sollen allein für statistischen genutzt und niemals an andere Behörden, z. B. die Meldebehörden oder Dritte, übermittelt werden. Zudem wurden die EU-Mitgliedstaat bereits 2008 in der EU-Verordnung 763/2008  dazu verpflichtet alle zehn Jahre eine Volkszählung durchzuführen.

Auskunftspflichtige Personen

Laut § 23 des Zensusgesetzes 2022 besteht eine Auskunftspflicht für alle Datenerhebungen im Rahmen der Volkszählung. Nach §25 ZensG 2022 sind alle Volljährigen und alle einen eigenen Haushalt führenden Minderjährigen auskunftspflichtig. Für volljährige Haushaltsmitglieder, die insbesondere wegen einer Krankheit oder Behinderung nicht selbst Auskunft geben können, ist jedes andere auskunftspflichtige Haushaltsmitglied auskunftspflichtig. Gibt es kein anderes auskunftspflichtiges Haushaltsmitglied und ist für die nicht auskunftsfähige Person ein Betreuer oder eine Betreuerin bestellt, so ist dieser oder diese auskunftspflichtig, soweit die Auskunft in seinen oder ihren Aufgabenbereich fällt.

Auskunftspflicht in Sonderbereichen

Die Befragung im Rahmen des Zensus2022 erstreckt sich allerdings auch auf Wohnheime und Gemeinschaftsunterkünfte, sogenannte Sonderbereiche. Unter Wohnheimen versteht man Einrichtungen, die eine eigene Haushaltsführung ermöglichen, bei Gemeinschaftsunterkünften ist das nicht möglich, z.B. Geflüchtetenunterkünften. Leben Personen in einem Wohnheim, z.B. Alten- und Pflegewohnheim und können nicht selbst Auskunft geben ist nach §26 Absatz 2 ZensG 2022 die Leitung der Einrichtung ersatzweise auskunftspflichtig. In Gemeinschaftsunterkünften findet keine persönliche Befragung statt. Hier ist die Einrichtungsleitung stellvertretend auskunftspflichtig. Zudem findet eine Vollerhebung statt, es werden von allen Bewohner : innen Daten erhoben. Begründet wird dies mit der hohen Fluktuation und überdurchschnittlich vielen veralteten Angaben in den Melderegistern. Geflüchtete müssen selbst in dem Fall keine Fragen beantworten

Kritik am Zensus2022

Kritisiert werden kann allerdings die technische Umsetzung des Statistischen Bundesamts. Denn für die Webseite Zensus2022 wird das Content Delivery Network des US-Anbieters Cloudflare eingesetzt. Zwar kommt Cloudflare allein bei der Webseite der allgemein zugänglichen Informationen zum Einsatz. Nach erfolgreichem Einloggen würde man jedoch auf die Seite fragebgen.zensus2022.de weitergeleitete. Die Datenübermittlung dabei finde ohne Nutzung des CDN Cloudflare statt. Außerdem würden die privaten Daten allein in Rechenzentren des Bundes in Deutschland verarbeitet. So könne davon ausgegangen werden, dass US-Dienstleister nicht mitlesen können. Warum bei der technischen Umsetzung ein US-Anbieter involviert wird und nicht eine europäische Alternative gewählt wurden, bleibt fraglich.

Fazit zum Zensus2022

Im Ergebnis lässt sich sagen, dass der Zenus2022 grundsätzlich verfassungskonform ist. Trotzdem muss es Beachtung finden, wenn der Staat umfassend und verpflichtend personenbezogenen Daten erhebt. Den ein kritisches Hinterfragen und ein gesundes Misstrauen durch das Volk gegenüber Entscheidungen und dem Vorgehen des Gesetzgebers ein wichtiger Bestandteil der Demokratie ist. Nur so kam es zum Beispiel Grundrecht auf Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. So darf der Staat zwar Daten sammeln, allerdings im Rahmen von rechtlichen Grenzen. Rechtliche Grenzen sollten aber auch den privaten Unternehmen gesetzt werden, die mit Daten handeln. Sie haben große Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung und den politischen Prozess. Daher sollte der Staat schützend eingreifen und auch für mehr Sensibilität bei Bürger : innen im Umgang und der Preisgabe von personenbezogenen Daten sorgen.

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