Warum Barrierefreiheit für Websites für Unternehmen unverzichtbar ist
Die digitale Barrierefreiheit hat sich von einer freiwilligen Initiative zu einer gesetzlichen Verpflichtung entwickelt. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) müssen Unternehmen ab Juni 2025 sicherstellen, dass ihre digitalen Angebote für alle Menschen zugänglich sind. Das bedeutet, sie müssen Barrierefreiheit für Websites sicherstellen. Dies betrifft nicht nur ethische Aspekte, sondern auch rechtliche Compliance und Marktchancen.
Technische Maßnahmen für die Barrierefreiheit
Visuelle Barrierefreiheit für Websites implementieren
Hoher Kontrast (Konformitätsstufe A): Texte müssen einen Mindestkontrast von 4,5:1 zu ihrem Hintergrund aufweisen. Für große Texte (ab 18pt oder 14pt fett) genügt ein Kontrast von 3:1. Tools wie der WebAIM Contrast Checker helfen bei der Überprüfung.
Ausreichend große Schrift (Konformitätsstufe A): Die Grundschriftgröße sollte mindestens 16 Pixel betragen. Texte müssen ohne Hilfsmittel bis zu 200 % vergrößerbar sein, ohne dass Inhalte verloren gehen oder überlappen.
Ausreichender Zeilenabstand (Konformitätsstufe A): Der Zeilenabstand sollte mindestens 1,5-fach der Schriftgröße entsprechen. Absatzabstände müssen mindestens 2-fach der Schriftgröße betragen.
Vermeidung von reinen Farbkodierungen (Konformitätsstufe A): Informationen dürfen nie ausschließlich durch Farben vermittelt werden. Zusätzliche Kennzeichnungen wie Symbole, Unterstreichungen oder Texthinweise sind für Barrierefreiheit für Websites erforderlich.
Multimedia-Inhalte barrierefrei gestalten
Beschreibende Alternativtexte (Konformitätsstufe A): Alle Bilder benötigen aussagekräftige Alt-Texte, die den Inhalt und die Funktion des Bildes beschreiben. Dekorative Bilder erhalten leere Alt-Attribute (alt=““).
Lautstärkeregelung (Konformitätsstufe A): Audio-Inhalte, die länger als drei Sekunden automatisch abgespielt werden, müssen pausierbar, stoppbar oder in der Lautstärke regelbar sein.
Audiobeschreibungen für Videos (Konformitätsstufe AAA): Videos mit visuellen Informationen benötigen synchrone Audiobeschreibungen, die wichtige visuelle Details für blinde Nutzer erläutern.
Videos mit Gebärdensprache (Konformitätsstufe AAA): Für gehörlose Nutzer sollten Videos mit Gebärdensprachdolmetschung versehen werden.
Strukturelle und navigationsbezogene Maßnahmen für Barrierefreiheit für Websites
Semantischer Aufbau (Konformitätsstufe A): Websites müssen HTML-Landmarks (header, nav, main, aside, footer) und eine logische Überschriftenhierarchie (H1-H6) verwenden. Dies ermöglicht Screenreadern eine effiziente Navigation.
Aussagekräftige Seitentitel (Konformitätsstufe A): Jede Seite benötigt einen eindeutigen, beschreibenden Titel-Tag, der den Inhalt der Seite widerspiegelt.
Language Definition (Konformitätsstufe A): Die Hauptsprache der Website muss im HTML-Tag definiert werden (lang=“de“). Fremdsprachige Textpassagen erhalten entsprechende Sprachauszeichnungen.
Klare Struktur (Konformitätsstufe A): Inhalte müssen logisch gegliedert und in einer sinnvollen Reihenfolge angeordnet sein. Listen-Elemente für Aufzählungen und Tabellen für tabellarische Daten verwenden.
Interaktive Elemente optimieren
Tastaturnavigation (Konformitätsstufe A): Alle interaktiven Elemente müssen über die Tastatur erreichbar und bedienbar sein. Die Tab-Reihenfolge muss logisch und vorhersagbar sein.
Hervorhebung aktiver Elemente (Konformitätsstufe A): Fokussierte Elemente müssen deutlich sichtbar markiert werden. Der Standard-Browser-Fokusring sollte nicht entfernt werden, ohne eine alternative Kennzeichnung zu implementieren.
Ausreichend große Schaltflächen (Konformitätsstufe A): Touch-Targets müssen mindestens 44×44 Pixel groß sein. Bei Desktop-Anwendungen sollten klickbare Bereiche mindestens 24×24 Pixel betragen.
Vermeidung von Hover-Effekten als einzige Interaktionsmöglichkeit (Konformitätsstufe A): Wichtige Informationen oder Funktionen dürfen nicht nur bei Hover-Zuständen verfügbar sein, da diese für Touch-Geräte und Tastaturnutzer unzugänglich sind.
Responsive Design und Anpassbarkeit für Barrierefreiheit für Websites
Responsive Design (Konformitätsstufe A): Websites müssen auf allen Geräten und Bildschirmgrößen funktionsfähig sein. Inhalte müssen sich automatisch an verschiedene Viewport-Größen anpassen.
Zoombarkeit (Konformitätsstufe A): Inhalte müssen bis zu 400 % vergrößerbar sein, ohne dass horizontales Scrollen erforderlich wird oder Inhalte abgeschnitten werden.
Touchscreen-Gesten (Konformitätsstufe A): Komplexe Gesten müssen durch einfache Alternativen ersetzbar sein. Pfad-basierte Gesten sollten durch Einpunkt-Gesten ergänzt werden.
Zeitbezogene und bewegte Inhalte
Vermeidung von Zeitbegrenzungen (Konformitätsstufe A): Zeitlimits müssen vermieden oder zumindest verlängerbar sein. Nutzer benötigen mindestens 20 Sekunden Vorwarnzeit und die Möglichkeit, die Zeit zu verlängern.
Vermeidung von blinkenden Elementen (Konformitätsstufe A): Inhalte dürfen nicht mehr als dreimal pro Sekunde blinken, um epileptische Anfälle zu vermeiden.
Technische Implementierung
Nutzung von ARIA-Labels: Interaktive Elemente ohne aussagekräftige Textinhalte benötigen ARIA-Labels für Screenreader. Formulareingaben müssen eindeutig beschriftet werden.
Verständliche Formatierung (Konformitätsstufe A): Formulare müssen logisch strukturiert und mit klaren Anweisungen versehen sein. Fehlermeldungen müssen spezifisch und hilfreich formuliert werden.
Organisatorische Maßnahmen für nachhaltige Barrierefreiheit
Content-Management und Redaktion
Einfache Sprache (Konformitätsstufe A): Texte sollten in verständlicher Sprache verfasst werden. Fachbegriffe müssen erklärt und komplexe Sachverhalte vereinfacht dargestellt werden. Sätze sollten kurz und prägnant formuliert sein.
Content-Richtlinien entwickeln: Redakteure benötigen klare Vorgaben für die Erstellung barrierefreier Inhalte. Checklisten für Alt-Texte, Überschriftenstrukturen und Sprachgebrauch unterstützen die tägliche Arbeit.
Qualitätssicherung und Monitoring
Automatisierte Tests implementieren: Tools wie axe-core, WAVE oder Pa11y sollten in den Entwicklungsprozess integriert werden. Continuous Integration Pipelines können Barrierefreiheitstests automatisch ausführen.
Manuelle Überprüfungen durchführen: Regelmäßige Tests mit Screenreadern (NVDA, JAWS, VoiceOver) und Tastaturnavigation decken Probleme auf, die automatisierte Tools übersehen.
Feedback-Button „Barriere melden“: Nutzer müssen eine einfache Möglichkeit haben, Barrierefreiheitsprobleme zu melden. Ein gut sichtbarer Feedback-Button sollte auf jeder Seite verfügbar sein und zu einem barrierefreien Kontaktformular führen.
Schulung und Sensibilisierung für Barrierefreiheit für Websites
Entwickler-Schulungen: Regelmäßige Fortbildungen für Entwicklungsteams zu aktuellen Barrierefreiheitsstandards und -techniken sind essenziell. Hands-on-Workshops mit assistiven Technologien schaffen Bewusstsein.
Designer-Workshops: UX/UI-Designer müssen für barrierefreie Gestaltungsprinzipien sensibilisiert werden. Farbkontraste, Schriftgrößen und Interaktionsdesign sollten von Anfang an mitgedacht werden.
Management-Commitment: Die Unternehmensführung muss Barrierefreiheit als strategisches Ziel definieren und entsprechende Ressourcen bereitstellen.
Compliance und Dokumentation
Barrierefreiheitserklärung erstellen: Eine detaillierte Erklärung über den aktuellen Stand der Barrierefreiheit muss öffentlich zugänglich sein und regelmäßig aktualisiert werden.
Compliance-Monitoring: Regelmäßige Audits durch externe Experten oder interne Spezialisten stellen sicher, dass die Anforderungen dauerhaft erfüllt werden.
Nutzer-Feedback verarbeiten: Eingegangene Barrieremeldungen müssen systematisch bearbeitet und in die Weiterentwicklung einbezogen werden.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Compliance
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verpflichtet Unternehmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit bei digitalen Produkten und Dienstleistungen. Die Konformitätsstufe A der WCAG 2.1 bildet dabei das Mindestmaß, während Stufe AAA-Anforderungen zusätzliche Verbesserungen darstellen.
Fazit: Systematische Umsetzung der Barrierefreiheit für Websites
Die erfolgreiche Implementierung von Barrierefreiheit für Websites erfordert eine systematische Herangehensweise, die technische Umsetzung und organisatorische Prozesse gleichermaßen berücksichtigt. Unternehmen, die beide Aspekte konsequent umsetzen, schaffen nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch eine bessere Nutzererfahrung für alle Anwender. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und das aktive Eingehen auf Nutzer-Feedback sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren.
Wenn Sie weitere Informationen oder eine detaillierte Beratung wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

Veröffentlicht am 16. Juni 2025
Christian Arndt ist Dozent für Onlinemarketing an zahlreichen Universitäten. Er unterstützt mittlere Unternehmen bei der Beratung, Konzeption, Umsetzung und datenschutzrechtlicher Bewertung von Internetpräsenzen und digitalen Anwendung.